Luftverkehrsrecht

Was tun bei Flugunfall?

Was ist bei einem Flugunfall zu tun?

Nach Art. 17 des Montrealer Übereinkommens hat ein „Luftfrachtführer“ (i.d.R. ein Luftfahrtunternehmen) den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat  und es sich um ein luftfahrttypisches Risiko gehandelt hat.

Als Flugunfall ist dabei nicht nur ein Flugzeugabsturz (wie z.B. der Concorde-Absturz) anzusehen. Auch wenn ein Fluggast während einer Luftbeförderung an Bord eines Luftfahrzeuges durch ein bestimmtes Ereignis (Turbulenzen, Not-Sinkflug, Verbrühen mit heißem Kaffee beim Getränkeservice, giftige Dämpfe in der Kabinenluft u.ä.) körperlich verletzt oder getötet wird, ist ein Unfall gegeben.

Bei Personenschäden kann sich ein Luftfrachtführer nur in engen Grenzen überhaupt entlasten und haftet – anders als noch im Warschauer Abkommen – nicht mehr in der Höhe begrenzt, sondern für den Schaden, der tatsächlich entstanden ist un nachgewiesen werden kann.

A. Klagefrist beachten

Bei internationalem Flug, der dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) unterliegt, muss eine Klage auf Schadensersatz innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Jahren erhoben werden (Art. 35 MÜ). Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Luftfahrzeug am Bestimmungsort angekommen ist oder an dem es hätte ankommen sollen oder an dem die Beförderung abgebrochen worden ist.

Diese Frist ist eine Ausschlussfrist; wird sie versäumt, können keine Schadensersatzansprüche aus dem Montrealer Übereinkommen mehr geltend gemacht werden.

Bei anderen Flügen richtet sich die Klagefrist nach dem jeweils anzuwendenden Recht. Ist deutsches Recht anzuwenden, ist die Verjährung gemäß §§ 47, 39 LuftVG in Verbindung mit §§ 195, 199 BGB zu beachten: Danach verjähren die Ansprüche aus dem Luftbeförderungsvertrag grundsätzlich in drei Jahren. Das gilt auch für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit!

Die Frist beginnt mit dem Abschluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Fluggast von den Umständen, die den Anspruch begründ (also z.B. das Schadensereignis), und der Person des Schuldners (z.B. des Luftfrachtführers) Kenntnis erlangt haben muss (§ 199 Abs. 1 BGB). Das gilt auch, wenn Sie grob fahrlässig keine Kenntnis davon erlangt haben. Von grob fahrlässiger Unkenntnis spricht man, wenn der Geschädigte sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe hätte beschaffen können oder wenn er die Augen vor einer sich aufdrängenden Erkenntnis verschlossen hat.

Wenn Sie nun gar nicht wissen, dass ein Anspruch entstanden ist und Sie die den Anspruch begründenden Umstände nicht kennen, würde eine Verjährung nie eintreten. Das wollte der Gesetzgeber aber nicht und hat einen zeitlichen Deckel (Maximalfrist) eingebaut: In jedem Fall verjähren Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis, spätestens in 30 Jahren von der Begehung der schädigenden Handlung, der Pflichtverletzung oder des Ereignisses an, das den Schaden ausgelöst hat (§ 199 Abs. 2 BGB). Bei sonstigen Schadensersatzansprüchen tritt die Verjährung schon nach 10 bzw. 30 Jahren ein (§ 199 Abs. 3 BGB).

B. Brauchen Sie einen Anwalt?

Sie brauchen keinen Rechtsanwalt einzuschalten, solange Ihre Forderung den Betrag von derzeit 5.000 EUR nicht übersteigt und damit beim Amtsgericht und nicht beim Landgericht anhängig gemacht werden muss. Da das Luftverkehrsrecht im Allgemeinen und die Berechnung der Fristen im Besonderen aber nicht unkompliziert ist, empfehle ich Ihnen unbedingt, zumindest den Rat (!) eines Anwaltes einzuholen, bevor Sie alleine rechtliche Schritte unternehmen.

Grundsätzlich kann eine luftverkehrsrechtliche Streitigkeit von jedem Rechtsanwalt geführt werden. Es empfiehlt sich aber, einen Spezialisten aufzusuchen, der einschlägige Erfahrungen hat, weil er sich häufig oder schwerpunktmäßig mit dem Luftverkehrsrecht beschäftigt.

Es gibt eine Reihe von Anwaltssuchdiensten wie z.B. bei www.anwalt-suchservice.de. Dort werden Ihnen Rechtsanwälte, die sich mit dem Luftverkehrsrecht als Tätigkeitsschwerpunkt oder Interessengebiet beschäftigen oder dies behaupten, benannt. Eine Kontrolle findet aber nicht statt. Und da pro Anfrage immer nur eine kleine Auswahl nach dem Zufallsprinzip benannt wird, sollten Sie mehrfach anfragen, um eine größere Anzahl von Namen zu erhalten.

In solchen Verzeichnissen werden regelmäßig nur Mitglieder der Dienste erfasst. Das heißt also nicht, dass Anwälte, die dort nicht verzeichnet sind, deswegen keine Sachkunde hätten und dass es keine anderen Spezialisten gibt.

Wenn Sie also weitere Anwälte suchen, so können Sie auch bei den örtlichen Rechtsanwaltskammern anfragen. Die meisten führen Listen, in denen solche spezialisierten Rechtsanwälte eingetragen sind. Allerdings ist nicht jeder Anwalt, der Luftverkehrsrecht als „Interessengebiet“ angegeben hat, auch ein Experte

C. Weiterführende Literatur

Für Nicht-Juristen:
Schmid, Ronald/Tonner, Klaus, Meine Rechte als Fluggast, Beck-Rechtsberater im dtv
(2003 München)

Für Juristen:
Giemulla, Elmar / Schmid, Ronald, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsgesetz, 3 Bände, Loseblattsammlung, Neuwied /Kriftel
Hofmann, Max / Grabherr, Edwin, Luftverkehrsgesetz, Loseblattsammlung
Ruhwedel, Edgar, Der Luftbeförderungsvertrag, 3. Aufl. 1998, Neuwied / Kriftel
Schwenk, Walter, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 2. Aufl. 1996, Köln